Endlich mal wieder ein langes Wochenende. Für vier Tage keine Schule, stattdessen mal wieder ins Kino. In einen Film über Schule! Genauer gesagt in einen Dokumentarfilm über das Referendariat mit all seinen Höhen und Tiefen: „Zwischen den Stühlen“. Ohne viele Worte begleitet der junge Regisseur Jakob Schmidt einfühlsam die drei Referendare Anna, Katja und Ralf an Grund-, Sekundarschule und Gymnasium in Berlin. Der Film lief bereits auf dem DOK Leipzig und nun ist er seit dem 18. Mai in den Kinos. Zum Glück ist er auch in Dresden, nämlich im Programmkino Ost zu sehen und wir hatten das Glück, gleich noch mit dem Regisseur Jakob Schmidt ins Gespräch zu kommen!
Vom Hören sagen
Über Facebook, ZDF Aspekte und die Zeit drängte sich in der vergangenen Woche ein Film in mein Bewusstsein: Zwischen den Stühlen. Der Trailer verspricht kritische Töne und die Art von Komik, die es nur in der Schule gibt. Kurzum habe ich einen Kollegen gefragt, ob er mitkommen möchte. Das Ganze hat sich dann verselbstständigt, am Ende bin ich mitgegangen.
Als ehemaliger Referendar fühlt man mit
Der Film ist komisch! Zwangsläufig muss man bei der ein oder anderen Szene lachen oder wenigstens schmunzeln, aber zum Glück gelingt der Doku noch deutlich mehr. Beim Schauen des Films habe ich mich dabei ertappt zu bewerten. Natürlich bildet man sich zu den gezeigten Methoden, Konzepten und Fragestellungen der angehenden Lehrer eine Meinung. Aber genau das möchte der Film nicht und nach wenigen Minuten ist mir bewusst geworden, wie unsinnig es wäre, den Film darauf zu reduzieren. Nach kurzer Zeit bewerte ich also nicht mehr, sondern fühle mit. Viele Szenen erinnern mich an das eigene Referendariat und ich bekomme fast das Gefühl, dass ich da selbst im Film auf der Leinwand zu sehen bin, in der eigenen Verzweiflung, Überforderung, Glücksmomenten und Angespanntheit. Jeder Referendar, Lehrer und Lehramtsstudierende findet sich mit großer Sicherheit in den Dialogen und Situationen wieder. Dennoch spricht der Film nicht nur uns an! Er ermöglich auch allen anderen Involvierten (Eltern, Schüler) einen Blick in die heiligen Hallen der Schule und entmystifiziert das Lehrerzimmer.
Es braucht Menschen
Der Film schafft es damit aber auch, Menschen zu zeigen: Lehrer und Referendare als selbstkritische, engagierte und nicht perfekte Personen darzustellen, die nicht immer stark sein wollen und können. Der Film macht was er kann: ein Gefühl zu vermitteln. Man fühlt und leidet mit den drei Protagonisten und gezeigten Schülern mit, genau wie es der Regisseur scheinbar auch getan hat.
Dazu nutzt der Film natürlich Szenen aus dem Unterrichtsalltag und kombiniert sie mit bewussten, stillen Momenten und ergänzt sie um starke filmischen Motive. Die dezente und ruhige Filmmusik passt zu den stillen Passagen und pointiert zusätzlich. Der Film regt zum Nachdenken an. Ich möchte nicht die gesamte Struktur Schule umstülpen, aber über eine psychologische Betreuung im und nach dem Referendariat ohne große Hürden, eine unproblematische und strukturierte kollegiale Fallberatung und Coachings für Lehrer würde ich mich dennoch freuen! Der Titel bezieht sich übrigens auf die Rolle der Referendare zwischen dem eigenen Lehren und belehrt werden, auch dafür schafft der Film unaufdringlich ein Bewusstsein.
In Dresden haben sich auch die Verantwortlichen für die Ausbildung unserer Referendare in den Film gewagt und anschließend angeregt diskutiert.
Was für ein sympathischer Typ
Nach dem Film hatten wir das Glück, dem Regisseur Jakob Schmidt ein Feedback zu geben und haben noch eine Weile angeregt geplaudert. Ursprünglich wurden für den Film 25 Referendare ausgewählt, fünf wurden dann über die gesamte Zeit des Referendariats begleitet und drei sehr verschiedene Charaktere sind nun im Film zu sehen. Läuft der Film gut, so Schmidt, ist eine Veröffentlichung als DVD mit Bonusmaterial der fehlenden zwei Darsteller möglich. Darunter ist übrigens auch Kevin Hönicke, der in Berlin zurzeit damit wirbt, als erster Kevin in den Bundestag einziehen zu wollen. Über die journalistische Distanz konnten wir uns auch unterhalten. Die sei über so einen langen Zeitraum nicht zu wahren, und daher ist die Dokumentation subjektiv und mitfühlend geworden. Auf die Frage, was für Lehrerpersönlichkeiten er sich denn für seinen Sohn wünscht, kommt dann auch eine Antwort die zum Film passt: Hauptsache ganz verschiedene Menschen, die für den Beruf brennen, emphatisch sind und sich für Schüler engagieren… und hoffentlich nicht verbrennen.
Zwischen den Stühlen? Guckt euch den Film an!
Ich kann euch den Film definitiv empfehlen. Eltern, Schwiegereltern und Freunden sei die Dokumentation auch ans Herz gelegt, damit versteht man Lehrer und Referendare besser und kann eventuell sogar nachvollziehen, warum wir ständig über Schule reden und alle Menschen in unserem Umfeld als Reflexionsmülleimer ausnutzen. Eltern und Schüler haben, wie oben bereits erwähnt, auch etwas davon!
Im Dresdner Programmkino läuft der Film, abhängig von der Großwetterlage, wenigstens in der aktuellen Woche um 16:45 Uhr und 19:00 Uhr und verspricht einen unterhaltsamen und anregenden Besuch.
Weitergelesen
Abschließend möchte ich noch auf ein Interview mit der begleiteten Katja Wolf aus der Zeit hinweisen. Auch ZDF Aspekte widmet dem Film einen sehenswerten Beitrag.
Bildquellen: moviepilot.de (Filmplakat)
Hinweis: Dieser Text stellt keine Rezension dar und soll auch keinen journalistischen Ansprüchen gerecht werden, sondern lediglich die eigenen Eindrücke schildern und euch Leser zum Gang ins Kino zu motivieren!
Schreibe einen Kommentar