Nach beinahe vier Monaten im Vorbereitungsdienst, ist es Zeit für ein weiteres Fazit. Das erste Drittel meines einjährigen Referendariats ist bereits um und die Zeit vergeht wie im Fluge. Warum geht das nur alles so schnell? Die Bilanz kann man mit drei A’s zusammenfassen: eine Menge Arbeit, Arbeiten schreiben und korrigieren und viele Stunden aufgrund von Ausfällen gar nicht zu halten. Dazu möchte ich auch der Frage nachgehen, wie lange ich als Referendar denn tatsächlich arbeite. Vorab: es sind nur 55 Stunden in der beobachteten Woche gewesen.
Eine ganz normale Schulwoche?
Ich habe bisher erst in einer Unterrichtswoche mein volles Pensum unterrichten können. Das sind zurzeit 11 von 12 möglichen Stunden. In allen anderen Wochen konnte mindestens eine der Stunden nicht stattfinden, z.B. weil das Sportfest stattfand, die Klassen auf Exkursion sind, wegen ihrer Berufswahl beraten werden und so weiter. Es verblüfft mich jede Woche aufs Neue, wie voll so ein Vertretungsplan ist und welche Aktivitäten, Wettkämpfe und Wettbewerbe, Konzerte usw. neben dem normalen Unterrichtsgeschehen stattfinden. Scheinbar der ganz normale Wahnsinn! Keine Woche gleicht der vorherigen, irgendwas ist immer. Für reichlich Abwechslung ist also gesorgt und das scheint wie ein Versprechen, dass es in den nächsten dreißig Berufsjahren keinesfalls langweilig wird.
Zeiträuber Leistungsermittlung: Arbeiten kontrollieren sich doch nicht von allein!
Dennoch gibt es eine Menge zu tun. Neben der Planung, Durchführung und Nachbereitung von Unterricht für meine vier Klassen, die ich zurzeit in Mathematik und Physik betreue, gibt es noch Aufsichten und Unterrichtshospitationen. Die bleiben leider immer wieder auf der Strecke, wirklich viel Zeit um ausgiebig zu hospitieren und fremden Unterricht zu besuchen gibt es kaum. Das ist schon in der Planung kompliziert, denn häufig fallen Stunden aus oder werden Klausuren oder LK’s geschrieben, wenn man eigentlich hospitieren wollte. Langfristiges Planen könnte sich hier auszahlen, aber so weit bin ich noch nicht. Daneben kostet vor allem die Leistungserhebung gefühlt unendlich viel Zeit. An einem staatlichen Gymnasium sind anders als an Oberschulen, Methoden zur prozessorientierter Leistungsermittlung kaum verbreitet. Ich habe zwar selbst nicht die Referenz zur Oberschule, aber kann unterstreichen, dass an meiner Ausbildungsschule Leistungen nach wie vor vorrangig mit täglichen Übungen, Kurzkontrollen, mündlichen Leistungskontrollen, Klausuren und Klassenarbeiten erhoben werden. Da macht man als Referendar im ersten Halbjahr natürlich mit – eigene Linie fahren und ausschwenken kann ich später immer noch, aber erst einmal möchte ich mir das Handwerkszeug zulegen. Das Konzipieren und Kontrollieren von solchen Arbeiten bei Klassen von bis zu 28 Schülern verschlingt dann aber mehr Zeit, als man aufwenden möchte. Immerhin kann man solche „Projekte“ in Mathe oder Physik zeitnah abschließen, indem man die Noten in die Notenhefte einträgt und innerlich ebenfalls einen großen roten Haken setzt. An den Fakt, dass danach meist die nächste Arbeit auf dem Plan steht, werde ich mich wohl auch noch gewöhnen.
Eine Menge Arbeit? Übersicht meiner Arbeitszeiten in einer exemplarischen Schulwoche
Referendare geben häufig an, sehr viel Arbeit zu haben und ihr Alltagsleben inklusive Freizeit zu vernachlässigen, um den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes gerecht zu werden. Nachtschichten, lange Korrekturen und Vorbereitungen sind keine Seltenheit sondern eher die Regel, jedenfalls wenn ich meinen Leidensgenossen Glauben schenke. Ich wollte für mich einmal ganz objektiv erfahren, ob ich wirklich viel zu tun habe. Wie lange bereite ich tatsächlich Unterricht vor, wie lange bin ich an der Schule und im Unterricht? Wie viel Zeit kostet mich das Korrigieren von Klassenarbeiten und Kurzkontrollen? Dazu habe ich eine Woche lang meine Arbeitszeiten protokolliert und war überrascht. Hier die tageweise Auflistung echter Arbeitsstunden (h)
[icon name=“icon-calendar“] Montag: 2h Vorbereitung, 8h Seminar, 1h Vor- und Nachbereitung Seminar
[icon name=“icon-calendar“] Dienstag: 2h Vorbereitung, 9h Schule (5 Stunden Unterricht, 2 Stunden Hospitation, 1 Stunde Sitzung)
[icon name=“icon-calendar“] Mittwoch: 2h Vorbereitung, 7h Exkursion, 2h Leistungsermittlung
[icon name=“icon-calendar“] Donnerstag: 4h Vorbereitung, 4h Schule
[icon name=“icon-calendar“] Freitag: 2h Vorbereitung, 4h Schule (2h Aufsicht, 2 Stunden Unterricht)
[icon name=“icon-calendar“] Samstag: 2h Vorbereitung, 2h Leistungsermittlung
[icon name=“icon-calendar“] Sonntag: 3h Leistungsermittlung, 1h Vor- und Nachbereitung Seminar
Unter dem Strich sind das 10 Stunden für die Seminare, 14 Stunden zur Unterrichtsvorbereitung, 24 Stunden in der Schule mit Unterricht, Aufsichten und Hospitationen sowie 7 Stunden zur Leistungsermittlung (Erstellen und Korrigieren von Tests). Insgesamt 55 Stunden. Subjektiv kann ich dies auch für andere Wochen bestätigen, auch wenn es auch mal weniger wird. Mehr ist es bisher aber nicht geworden. Überraschend ist für mich aber, dass es sich nicht so anstrengend anfühlt. Die ersten drei Wochentage müssen geschafft werden, danach wird die Woche angenehmer, jedenfalls für mich. Die vielen Stunden verteilen sich gleichmäßig über alle Wochentage, ich habe mir aber auch schon den Luxus gegönnt, an den Wochenenden fast nichts zu tun – und die Erde hat sich trotzdem weiter gedreht. Aus meiner Sicht kann es also anstrengend sein, wenn man aber das Glück hat, die Aufgaben und Arbeitszeiten gut zu verteilen, fühlt es nicht so an und ist machbar. Ist damit schon die Behauptung widerlegt, dass einjährige Referendariat in Sachsen wäre kaum zu schaffen? Sicherlich nicht, aber bis hierher habe ich das gute Gefühl, es anständig schaffen zu können und am Ende ein ganz annehmbarer Pauker zu werden.
Eins sei aber noch gesagt: die Famielie, Freunde und Hobbies kommen natürlich trotzdem zu kurz! Dafür möchte man immer mehr Zeit haben.
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